Von: Derk Reckel, 2:2437/210.3 Betreff: Krebsartige im Suesswasseraquarium (war: Re: Faechergarnelen) Datum: 07.09.97 00:00 So, jetzt hab ich mal ne Nase Zeit und waelze die Literatur, der spaeteren Verwertbarkeit halber dokumentiere ich lieber alles ueber Suesswassergarnelen, -Krabben und -Krebse, was ich finde... =8-) Komischerweise findet man aber mehr ueber die Arten, die eher seltener gehalten werden, naemlich die Flusskrebse, vielleicht, weil sie sich am zuverlaessigsten zuechten lassen und farblich auch sehr attraktiv sind... Garnelen und Krebse im Suesswasseraquarium __________________________________________ Im Gegensatz zum Meer gibt es im Suesswasser nur wenige Vertreter der zehnfuessigen Krebse (Dekapoden), die zu den Familien Potamonidae und Sesarmidae (Suesswasserkrabben), Astacidae (Flusskrebse) und Atyidae sowie Palaemonidae (Suesswassergarnelen) gehoeren. Die Bestimmung der Tiere ist recht schwierig, so dass ich die Namen der Literatur kommentarlos uebernehme. Auch bei den von mir bisher gepflegten fuenf Arten war ich maximal in der Lage die Gattung zu bestimmen. Flusskrebse: Beginnen moechte ich mit den aquaristisch am wenigsten interesasanten Vertretern, den Flusskrebsen. Sie werden bis auf Ausnahmen recht gross und vergreifen sich auch mal an kleineren Fischen, so dass eine Haltung im Artenbecken zu empfehlen ist, auch wenn sie regelmaessig erfolgreich mit selbst kleineren Fischen vergesellschaftet werden, es ist halt alles eine Frage der Arten und der Beckengestaltung. Fuer ihre Pflege sind genuegend Verstecke unerlaesslich, denn wie alle Krebse so muessen sie sich gelegentlich haeuten und sind anschliessend, bis zum Aushaerten des neuen Panzers, sehr verletzlich, wobei es auch zu Kannibalismus kommen kann. Auch sollte man versuchen nicht mehrere Maennchen im gleichen Becken zu halten. Es mag lange gut gehen, aber irgendwann erwischt einer den anderen kurz nach der Haeutung. Fuer die Beckeneinrichtung sollte neben den Verstecken auch eine Moeglichkeit zum Verlassen des Wassers (Vorsicht, Ausbruchsgefahr!) gegeben werden, auch wenn dies selten vorkommt. Die Temperaturen sollten nicht zu hoch sein (15 bis 28 Grad), da die Tiere meist eine hoehere Sauerstoffkonzentration bevorzugen als Fische, als Ausnahme waere hier der Amerikanische Sumpfkrebs zu nennen, der auch in sauerstoffarmen Gewaessern vorkommt. Der pH-Wert ist eher egal, er sollte um den neutralen Bereich schwanken (zu sauer beeintraechtigt er die Stabilitaet des Panzers) und die Haerte sollte sich im mittleren bis hohen Bereich bewegen (10 bis 20 Grad), da das Calzium zum Panzeraufbau benoetigt wird. Hier kann man auch mit der Verfuetterung von ganzen Fischen oder Kalktabletten nachhelfen. Und damit waeren wir beim Futter. Die Tiere nehmen sehr gerne Futtertabletten, Tubifex oder Frostfutter und verschmaehen auch keine toten Fische, wobei sie manchmal auch lebende erbeuten. Oft vergreifen sie sich auch an Pflanzen, manchmal aber nur, um das Becken umzudekorieren. Auch deftige Kost wie Muschelfleisch oder Rinderherz nehmen sie gerne. Die Zucht ist gut moeglich und gelingt meist ohne groessere Anstrengungen des Pflegers. Die jungen Krebse sollte man allerdings baldmoeglichst von den Elterntieren separieren, da sie von ihnen recht schnell vertilgt werden. Die am haeufigsten angebotene Art ist der aus dem suedlichen USA kommende rote Sumpfkrebs (Procambarus clarkii), der oft unter dem Namen "Red Lobster" angeboten wird. Trotz des Names kann dies Tier in der Farbe sehr variabel sein, von rot bis blau, tw. wechselnd, je nachdem, wie lange die letzte Haeutung zurueckliegt. Er vermehrt sich willig und laesst sich auch mit mittelgrossen Fischen vergesellschaften. Wer sich fuer ein Artenbecken entscheidet, kann es auch mit den aus Besatzzuchtbetrieben erhaeltlichen Krebsen fuer die Teichwirtschaft (Amerikanischer Flusskrebs, Procambarus affinis) versuchen, die fuer ungeheizte Becken geeignet sind. Suesswasserkrabben: Die naechste Gruppe ist die der Suesswasserkrabben, die zwar kleinen Fischen auch gefaehrlich werden koennen, dies geschieht jedoch nur in Ausnahmefaellen. Durch die oft auffaellig rote Farbe der im Handel angebotenen Tiere sind sie ein wahrer Blickfang im Becken, meist handelt es sich bei den bunten Tieren aber um Brackwasservertreter der Familie Sesarmidae, die nur als adulte Tiere zeitweise oder dauerhaft ins Suesswasser ueberwechseln. Auch Bezeichnungen wie "Rote Malawikrabbe" duerfen da nicht taeuschen. Die Haltung auch dieser Brackwasserbewohner bereitet jedoch keine Schwierigkeiten, es muss ihnen aber unbedingt die Moeglichkeit zu einem Landgang gegeben werden, da sie auch in der Natur amphibisch leben. Dabei ist zu beachten, dass das Becken sehr gut abgedeckt sein sollte, damit sie nicht an ungeplanten Stellen den Landgang anfangen und ihn tot auf dem Teppich beenden. Die Wasserwerte sind relativ die gleichen wie bei den Flusskrebsen, nur werden auch hoehere Temperaturen toleriert (22-32 Grad). Ob fuer die adulten Vertreter der Sesarminae ein Salzzusatz lebensverlaengernd wirkt ist nicht bekannt, sie haben aber oft eine Lebenserwartung von nur ca. 12 Monaten. Als Futter wird die gleiche Diaet wie bei Flusskrebsen akzeptiert, wenn auch ein staerkerer Hang zur pflanzlichen Nahrung zu verzeichnen ist. Auch Holzwurzeln, die abgeweidet (Detritus) oder auch zerfasert werden scheinen zur Nahrung zu gehoeren und sollten im Becken vorhanden sein. Die Vertreter der Brackwasserarten konnten im Aquarium bisher nicht nachgezogen werden, da die Aufzucht der Larven in Brack- oder Seewasser erfolgen muss und die Ernaehrung ungeklaert ist. Von den Suesswasserarten ist nur die Vermehrung der europaeischen Arten bekannt. Am haeufigsten im Handel werden die Brackwasservertreter aus der Gruppe der Mangovekrabben angeboten. Sie sind recht anspruchslos. Suesswassergarnelen: Die wohl am haeufigsten im Suesswasseraquarium gehaltenen Krebstiere sind die Suesswassergarnelen. Die Ernaehrung erfolgt entweder durch Jagd und Sammeln bei den Vertretern mit "einfachen" Scheren (Macrobranchium, Microbranchium, alle Vertreter der Palaemonidae), oder durch Filtrieren bzw. Abweiden eines Untergrundes bei den Vertretern mit befaecherten Scheren (Atya, Atyopsis, Caridina). Hierbei finden wir die groesseren Vertreter bei den nicht filtrierenden Garnelen der Gattung Macrobranchium, die bis zu 30 cm erreichen koennen. In dieser Groesse erbeuten sie problemlos kleine und mittlere Fische, so dass die gleichen Vorsichtsmassregeln wie fuer die Flusskrebse gelten. Im Gegensatz zu den Flusskrebsen benoetigen die Garnelen aber weniger Kalk im Wasser, evtl. da sie ihre abgelegte Haut nach der Haeutung teilweise oder ganz verzehren, wenn das Wasser sehr weich ist. Dagegen stellen gerade die Suesswassergarnelen hoehere Ansprueche an die Wasserbelastung. Sie legen Wert auf sehr sauberes Wasser, das frei von Nitrit und Nitrat ist, andernfalls kommt es zu Haeutungsschwierigkeiten, die zum Tode fuehren koennen. Die Temperaturen koennen sich zwischen 20 und 30 Grad bewegen. Fr Faechergarnelen ist es anzuraten, dass man ihnen den natuerlichen Gegebenheiten entsprechend einen Sitzplatz in der Stoemung bietet, an dem sie die Faecher zum Filtrieren des Wassers aufspannen koennen. Bei grossen Arten, oder solchen mit grossen Scheren, sollte fuer jedes Tier ein Versteckplatz vorhanden sein, auch hier gilt, dass es schwierig ist mehrere Maennchen zu vergesellschaften. Die filtrierenden Arten bereiten hierbei keine Probleme. Als Futter nehmen die Tiere alles begierig an, wobei bei den filtrierenden Arten auf eine geringe Futtergroesse geachtet werden muss. Die Zucht gelingt nur bei wenigen Arten regelmaessig, hierbei sind v.a. die Vertreter der Gattung Caridina zu nennen, die wenige grosse Eier legen und bei denen die Aufzucht der Jungen keine Probleme bereitet. Die Faechergarnelen der Gattung Atyopsis machen ein obligatorisches Brack- oder Seewasserstadium durch. So konnten einzelne Zuchterfoge oder Teilerfolge nur mit einem Ueberfuehren der Larven in Brack- oder Seewasser erzielt werden (u.a. Hunte 1979 in Gortzytza 1990). Bei den Vertretern der Palaemonidae gibt es unterschiedliche Zuchtberichte. Gortzytza (1990) schaffte nur ein Jungtier in Brackwasser durch das Larvalstadium zu bringen. Die Ernaehrung der Jungtiere kann analog zu der von Artemianauplien, also mit Schwebealgen oder Mikrozell erfolgen. Rasch (1991) beschreibt die Nachzucht von Macrobranchium lar dagegen als problemlos, die Larven nehmen ab dem dritten Tag frische Artemia-Nauplien und koennen in reinem Suesswasser aufgezogen wrden. Regelmaessig im Handel finden wir kleinere Arten aus der Familie der Palaemonidae (Glasgarnelen), die sich im Aquarium als sehr haltbar erweisen. Die groesseren und evtl. leichter zuechtbaren (?) Arten sind leider seltener im Angebot, erfordern aber tw. ein Artenbecken zur Haltung. Regelmaessig findet man auch die kleinen Rotschwanzgarnelen der Gattung Caridina, die sich auch im Gesellschaftsbecken mit nicht zu dichtem Besatz vermehren lassen. Die Faechergarnelen der Gattungen Atya und Atyopsis werden ebenfalls oft angeboten, lassen sich aber nur schwierig zuechten. Sie sollten mit feinem Lebendfutter ernaehrt werden oder in ein alteingerichtetes Becken mit Mulm und Algenbestand eingesetzt werden. 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