Der Rote Lalius ------------------------------------------------------------ Klare, wohlproportionierte Formen oder harmonische Farbschlaege herauszuzuechten ist die hohe Kunst des "Mendelns", sie ist verbunden mit muehevoller Arbeit und einer strengen Auslese unterworfen. Ob man solche Hochzuchttiere oder Wildformen lieber pflegt, ist eine Geschmacksfrage, ueber die sich nicht streiten laesst. Umstritten dagegen bleiben jene unproportionierten "Missbildungen", die nur, weil sie aus dem Rahmen fallen, als Zuchtprodukte angepriesen werden. Bei diesen Verkaufsschlagern haben die Zuechter offenbar das rechte Augenmass verloren. Eine besonders aesthetische Zuchtform dagegen ist der Rote Lalius, der von dem bekannten Zwergfadenfisch abstammt, seinem Zuechter, Herrn Tan Guk Eng, darf man zu dieser Kreation nur gratulieren. Wolfgang Sommer ------------------------------------------------------------ Der Rote Lalius Tiere und Pflanzen zu zuechten ist seit der Jungsteinzeit die wichtigste Aufgabe des Menschen. Ohne Getreide und ohne Haustiere waere menschliche Zivilisation nicht denkbar; beide wurden vor Jahrtausenden schon durch Kreuzung und Zuchtwahl erzeugt. Tiere und Pflanzen zu zuechten ist eine edle Liebhaberei kreativer Menschen. Ihr verdanken wir den Goldfisch, den Hochzuchtguppy oder die gefuellte Rose. Wenn nun der hohe Stellenwert der Zuechter als unbestritten gilt, so haben deren Produkte auf dem Gebiet der Aquaristik die Gemueter ihrer Anhaenger schon in vielerlei Hinsicht erregt. Teilweise entstanden Formen, die durch extreme Herauszuechtung bestimmter Merkmale verstaerkt zu Krankheiten neigten oder Grenzen der Lebensfaehigkeit erreichten, und nicht immer waren die Zuchtformen gegenueber der Wildform auch mit einem Gewinn an Schoenheit verbunden. Hochzuchten, die durch Farben- oder Formenveraenderungen eine Art aesthetische Aufwertung erhielten, haben die Aquarianer stets mit Begeisterung und Dankbarkeit aufgenommen. Sie konnten sie zum Teil vervollkommnen oder weiterentwickeln. Es kam aber auch vor, dass ihre einstige Qualitaet, vor allen Dingen auf breiter Basis, nicht immer erhalten werden konnte. Verdienste haben sich ganz besonders die Liebhaber Lebendgebaerender Zahnkarpfen und die Labyrinthfischfreunde erworben. Eine besonders auffaellige und schoene Labyrinthfisch- Zuechtung, der unsere ganze Aufmerksamkeit gebuehrt, soll nun im Mittelpunkt dieses Berichtes stehen. Im Sommer 1980 entdeckte ich die ersten Roten Lalius in einer Leipziger Zoohandlung. Das Geburtsdatum der Fische war anscheinend zum Verkaufspreis addiert worden, aber als fanatischer Aquarianer sieht man ueber so mancherlei Dinge - wie beispielsweise einen hohen Preis - hinweg, dafuer ist Qualitaet gefragt. Leider waren von den drei noch angebotenen Maennchen zwei Tiere echte Kuemmerlinge. Das dritte zeigte ein herrliches Rot, war aber sonst stark laediert und hatte keine Bauchflossen (Faden) mehr. Ich war aufgeregt und aergerte mich, dass ich wieder einmal zu spaet gekommen war. Mein Aerger verflog allerdings, als ich zehn Minuten spaeter einen Freund in seinem kleinen Zoogeschaft besuchte und von meinem Missgeschick erzaehlte. Er gab mir uneigennuetzigerweise zwei Paare Rote Lalius, von denen ich mir das schoenste fuer Zuchtzwecke und zum Fotografieren heraussuchen konnte. Das zweite Paar sollte ich an einen anderen Freund weitergeben. Beide Maennchen waren gleich schoen, intensiv rot gefaerbt und auch sonst ohne Makel. Ein Weibchen war gross, kraeftig, allgemein von dunkler Faerbung und mit einer diagonal verlaufenden schwachen Linienzeichnung auf dem Koerper. Das zweite Weibchen zeigte eine wesentlich hellere Farbe, einen roetlichbraunen Saum in der Afterflosse und sonst keinerlei andere Zeichnung. Es war koerperlich schlecht entwickelt und schien etwas kurz geraten zu sein. Ich entschied mich damals fuer das kraeftigere Weibchen, ohne zu wissen, dass das zweite Weibchen ein sogenanntes "echtes rotes" Weibchen war. Von dem Paar stellte sich bald Nachwuchs ein. Mit besonders guter und intensiver Fuetterung der Jungfische wollte ich meine Ungeduld ueber die Zeitspanne bis zum Beginn der Faerbung etwas daempfen, denn ich war in bezug auf die Rotfaerbung und ihre Erbfestigkeit etwas skeptisch. Das Ergebnis bestaetigte meine Vermutungen, stimmte mich aber in einem Punkt ueber alle Massen zufrieden. Neben nur zwei herrlichen roten Maennchen und einer Menge schlecht gefaerbter "Futterfische" wuchsen drei wunderschoen gezeichnete wildfarbige maennliche Tiere heran. Sie zeigten eine tadellose und farblich intensive Zeichnung, dass sie mich fast mehr begeisterten als die schoenen roten Tiere. Ich erinnerte mich sofort daran, dass ich einmal 1974 von dem bekannten Wasserpflanzengaertner Hans Barth, Dessau, vor allen Dingen kraeftige und sehr grosse Colisa lalia erwerben konnte, dass aber auch diese sonst recht guten Tiere erhebliche Maengel in der Zeichnung aufwiesen. Je oefter ich nun meine auserlesenen roten und wildfarbigen Colisa lalia- Maennchen betrachtete, um so mehr wurde mir klar, wie wir eigentlich unseren derzeitig bestehenden Aquarienstamm Zwergfadenfische "verzuechtet" haben. Maennchen von einer derartigen Qualitaet und Substanz waren weder im Einzelhandel noch auf speziellen Zuechterboersen im Angebot. Wie bedauerlich die Feststellung des qualitativen Rueckganges in der Zucht des wildfarbigen Colisa lalia auch ist, so muss man bedenken, dass diese Fische im Handel immerhin zu einem Spottpreis angeboten werden; was jedoch keine Rechtfertigung fuer die schlechte Qualitaet sein kann. Eine kritische Auslesezucht und ein hoeherer Preis stuenden diesem herrlichen Labyrinthfisch besser zu Gesicht. Die wenigen guten Tiere aus meinem ersten Zuchtversuch liessen deutlich werden, welchen Weg diese Zuchtform Roter Lalius gehen musste. Das Rennen war schon im Gang, jeder Besitzer des "Roten" wollte der Erste auf dem Markt sein und fuer seine leichtgemachte Zuechterarbeit einen hohen Preis kassieren. Die Quittung haben wir heute in der Form von sehr schlecht gefaerbten Tieren auf dem Tisch, die durch das Fehlen der blauen Farben in den Koerperpartien besonders blass und fahl aussehen. Die sonst unbeschreibliche Farbenpracht und der hohe ideelle Wert dieser Zuchtform sollte fuer jeden engagierten Aquarianer, der sich den Roten Lalius in seine Becken holt, Anlass genug sein, die Notwendigkeit einer fortgesetzten Auslesezucht fuer alle (!) Farbformen des Zwergfadenfisches zu ueberdenken. Die anfangs aufgekommenen strittigen Fragen zu dieser Zuchtform, ob Kreuzung oder Mutation, wurden durch Berichte in den Fachzeitschriften bald geklaert. Beim Roten Zwergfadenfisch handelt es sich um eine Mutation von Colisa lalia, die durch strenge Selektion in der Zuechterei von Mr. Tan Guk Eng, Singapur, herausgezuechtet wurde. Dieser Zuechter ist bekannt fuer seine Farbhochzuchten von Colisa- Arten, wie Lalia blau und normalfarbig, chuna, fasciata und auch von Mollienesien sowie ueberhaupt fuer ein spezielles Ziel, neue Formen und Mutanten herauszuzuechten. Es ist kein Geheimnis, dass die Herauszuechtung von Mutanten beispielsweise durch Bestrahlung oder Chemikalien beeinflusst und dass besonders die rote Faerbung durch Hormongaben verstaerkt werden kann. Wenn auch vermutlich fuer immer die Frage unbeantwortet bleibt, ob und wie kuenstliche Mittel zur Erzielung dieser Farbform herangezogen wurden, so hat die dauerhafte und vererbbare rote Farbe dieses Lalius sicherlich nichts mit einer Hormonbehandlung zu tun. Auch sind die Roten Lalius fruchtbar und pflanzen sich gut fort, ganz im Gegensatz zu manchen Hochzucht-Mollienesien, die immer und ewig auf Nachzucht warten liessen. Wenn man nun nachlesen kann, unter welch guenstigen klimatischen Bedingungen und mit welch riesiger Zuchtanlage Mr. Tan Euk Eng diese kolossal aufwendigen Zuchten betreiben kann, dann wird nahezu unvorstellbar, derartige Aufgaben in unseren Breiten und unter unseren Bedingungen loesen zu wollen. Unter diesen Gesichtspunkten betrachtet, kann eine Forderung zum bloss qualitativen Erhalt der uns schon "geschenkten" Zuchtform keine zu grosse Forderung sein. Betreff: Der Rote Lalius (Bilder) ------------------------------------------------------------ zu diesem Bericht gibt es einige Bilder: Lalia.jpg Begibt sich das Weibchen schnell zum Schaumnest und nimmt eine steil kopfaufwaerst gerichtete Stellung ein, reagiert das Maennchen durch Breitseitimponieren und schwimmt manchmal in fast waagrechter Haltung unter dem Weibchen herum. Lalia2.jpg Die eigentliche Laichbereitschaft des Weibchens wird dadurch angezeigt, dass das Weibchen dem Maennchen mit angelegter Rueckenflosse folgt und es in den Schwanz oder Afterflosse stupst. Erst dieser Beruehrungsreiz loest beim Maennchen die Umschlingunsreakion aus. Lalia3.jpg Zur Paarung schwimmt das Weibchen in die Koerperkruemmung des Maennchen. Es wird daraufhin vom Maennchen eng umschlungen und so gedreht, dass die Geschlechtsoeffnungen in Richtung Schaumnest zeigen. Unter Zittern werden Eier und Spermien ausgestossen. Die kleinen klaren Eier werden vom Maennchen mit dem Maul eingesammelt und ins Nest gespuckt. *FAUNA die Mailbox fuer den Tierfreund* *Analog: 0721-574632* *ISDN 0721-957 30 79* *Fidonet * Aquaristik-Net * Iguana-Net* ------------------------------------------------------------ Colisa lalia, Zwergfadenfisch, HAMILTON-BUCHANAN, 1822 Indien, Westbengalen und Assam, bis 6 cm Dorsale (Rueckenflosse) XV-XVII/7-10 Anale (Afterflosse) XVII-XVIII/13-17 Pectorale (Brustflosse) 10 Ventrale (Bauchflosse) 1 mLR (mittlere Laengsreihe) 27-28 Koerper laenglich - eifoermig, seitlich stark zusammengedrueckt, V fadenfoermig, D und A lang. Von der lebhaft zinnoberroten bis weinroten Grundfaerbung heben sich an den Koerperseiten schraege Doppelreihen leuchtend hellblauer bis smaragdgruener Punkte scharf ab, die sich auch in die senkrechten Flossen fortsetzen. Der ganze Kopf, meistens auch noch der unmittelbar hinter dem Kiemendeckel gelegene Koerperabschnitt, leuchtend blaugruen. Caudale (Schwanzflosse) und hinteres Ende der A leuchtend rot, die fadenfoermigen Vn orangerot. W bedeutens blasser gefaerbt, grau, A und D hinten abgerundet. Pflege und Zucht wie die gesammte Unterordnung. Schaumnest relativ gross und hoch. Zum Nestbau wird ausser Schaumperlen sehr viel Pflanzenmaterial (Algen, Blaetter, Blattstiele und anderes) verwendet, bis 800 Eier je Laichphase. Einer der schoensten und beliebtesten Zierfische. Leider etwas anfaellig gegen Krankheiten (Colisa-Parasit: Oodinium). Die Art gibt nach MALMGREN im Zustand hoechster Erregung (Rivalitaet, Balz) kurze, knarrende Laute von sich. Das Paarungsverhalten beschreibt ausfuehrlich STALLKNECHT, H. (Aquarien Terrarien 12, S. 81 - 83, 1965). Aus Suesswasserfische der Welt, G. Sterba, ISBN 3-89350-991-7 ------------------------------------------------------------ Literatur-Hinweis: bis 1988 Colisa lalia, Zwergfadenfisch BEl LA A 78/471 A 80/623 A 84/21 AH 84/1:6 AM 69/278 AM 70/382 AM 71/67 AM 71/256 AM 71/399 AM 72/156 AM 74/230 AM 75/522 AM 77/188 AM 79/578 AM 80/107 AM 81/244 AM 81/730 AM 82/150 AM 82/604 AM 84/455 AM 84/509 AM 85/139 AM 85/437 AM 85/486 AM 87/4 AM 87/421 AT 70/224 AT 80/344 DAT 66/103 DAT 67/5 DAT 69/300 DAT 71/42 DAT 73/10 DAT 73/124 DAT 80/399 DAT 81/1 DAT 82/301 M 84/52 M 84/67 M 84/180 TI 69/7:7 TI 71/16:3 TI 73/24:3 TI 75/32:10 TI 79/48:5 TI 81/56:8 TI 84/67:5 TI 86/77:22 Aus der AQUARIUM BBS 09122-81065 V.34 /Fax 09122-81026 V.34 09122-82463 ISDN