Die neue EG-Artenschutzverordnung und ihre Bedeutung fr das nationale Artenschutzrecht Rechtsanwalt Josef-Walter Kirchberg Fachanwalt fr Verwaltungsrecht / Stuttgart I. Einleitung Seit 1992 werden Žnderungen der EG-Artenschutzverordnung disku- tiert. Im Dezember 1996 hat der Umweltrat in Brssel die neue EG- Artenschutzverordnung gebilligt. Die neue EG-Verordnung soll am 1. Juni 1997 in Kraft treten. Die erforderliche Anpassung der im Bundes- naturschutzgesetz enthaltenen Regelungen sollte bei der Neuregelung des Bundesnaturschutzgesetzes erfolgen. Die noch immer kontroverse Diskussion ber einzelne Aspekte des neuen Bundesnaturschutzgese- tzes l„át Hoffnungen auf eine Verabschiedung der Naturschutznovelle vor dem 1. Juni 1997 unwahrscheinlich erscheinen. Da die EG-Arten- schutzverordnung unmittelbar geltendes Recht ist, also Beh”rden und Brger auch ohne Umsetzung in nationale Vorschriften bindet, ent- steht somit erneut eine Rechts-situation, die wohl nur noch von den wenigen Fachjuristen in den Umweltministerien berblickt wird. Die Nachvollziehbarkeit des Artenschutzrechtes haben Ministerialrat Dr. Gerhard Emonds und Assessor Stephan Emonds in einem Beitrag in der Zeitschrift Natur und Recht" (NuR 1997, S. 65 ff) am Beispiel des Elefanten eindrucksvoll dargestellt. II. Die neue EG-Artenschutzverordnung Die knftige EG-Artenschutzverordnung enth„lt 4 Anh„nge (Anh„nge A bis D), in die die in der EG heimischen und nicht heimischen wild- lebenden Tier- und Pflanzenarten je nach ihrer Schutzbedurftigkeit aufgenommen werden. Dem unterschiedlichen Schutzbedurftigkeits- grad entsprechen abgestufte Dokumentenpflichten, die bei der Ein- und Ausfuhr sowie bei der Vermarktung innerhalb der Gemeinschaft beachtet werden mssen. Anhang A Anhang A erfaát vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten (ca. 1.000). Es sind im wesentlichen die in Anhang I WA aufgefhrten Arten, erg„nzt durch die bislang in Anhang C der bisherigen EG- Artenschutzverordnung geschtzten Arten der Anh„nge II und III WA und einige nicht dem WA unterliegenden Arten. Fr die Anhang A-Arten gilt, daá Wildexemplare dieser Arten fr kommerzielle Zwecke weder ein- noch ausgefhrt werden drfen und auch ein Handel innerhalb der Europ„ischen Gemeinschaft grunds„- tzlich verboten ist. Von diesem Vermarktungsverbot kann nur in Ein- zelf„llen befreit werden. Allerdings ist ein Verfahren vor dem wissen- schaftlichen Ausschuá der EG vorgesehen, in dem fr Zucht- oder Vorerwerbsexemplare allgemeine Ausnahmen festgelegt werden k”nnen. Bei Anhang A-Arten sind Bescheinigungen unverzichtbar. Anhang B Im Anhang B sind die Arten der Anh„nge II und III WA sowie ca. 50 nicht dem WA unterliegende Arten von Tieren und Pflanzen erfaát. Die Anhang B-Arten k”nnen nur mit Genehmigung in die Europaische Gemeinschaft eingefhrt werden Die Einfuhr wird als zul„ssig kann aber beschrankt oder/ auch ganz verboten werden. Innerhalb der Euro- p„ischen Gemeinschaft, also auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland kann die Vermarktung ohne besondere Bescheinigung erfolgen. Hier gilt allerdings die Einschr„nkung, daá von der zust„ndi- gen Beh”rde der Nachweis verlangt werden darf, daá die Exemplare in šbereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften erworben wurden. Anhang C Im Anhang C sind Arten deá Anhanges III WA aufgefhrt (ca. 200). Fr diese Arten muá bei der Einfuhr das nach WA vorgesehene Aus- fuhrdokument und eine Einfuhrmeldung vorgelegt werden. Beschr„n- kungen der Vermarktung innerhalb der Europ„ischen Gemeinschaft gibt es bei den Anhang C-Arten nicht. Anhang D Anhang D hat derzeit nur einen geringen Umfang. Er soll um die Arten erg„nzt werden, die in groáer Zahl in die Gemeinschaft ein- gefhrt werden, so daá eine šberwachung gerechtfertigt ist. Als šberwachungsinstrument soll die bereits erw„hnte Einfuhrmeldung wirksam werden. Fr die praktische Anwendung der knftigen EG- Artenschutzverordnung ist von Bedeutung, daá die Anh„nge durch den wissenschaftlichen Ausschuá ge„ndert werden k”nnen. Hierdurch soll die Reaktion auf eintretende Ver„nderungen der Artenbest„nde erreicht werden. Der Rat der Europ„ischen Gemeinschaft soll nur noch dann mit der Žnderung der Anh„nge befaát werden, wenn ab- weichend von entsprechenden Entscheidungen der Vertragsstaaten- konferenz des WA eine Regelung zu Anhang A getroffen wird. In einer erst als Entwurf bekannten weiteren EG-Verordnung wird das Formularwesen und die Kennzeichnung neu geregelt werden. III. Auswirkungen auf den Alltag des Tierhalters Die bislang geltenden nationalen Ein und Ausfuhrbeschrankungen k”nnen ohne Verstoá gegen EG-Artenschutzrecht von dem deutschen Gesetzgeber nicht mehr aufrechterhalten werden. Etwas anderes kann fr heimische Tierarten gelten. Regelungen bei heimischen Arten waren jedoch nicht handhabbar, da die Einfuhr aus anderen EG-Mit- gliedsstaaten nicht unterbunden werden k”nnte (vgl. hierzu Stephan Emonds, Die neue EG-Artenschutzverordnung und das geltende natio- nale Artenschutzrecht, Natur und Recht 1997, S. 26 ff). Fr die Regelung der Vermarktung gilt knftig Art. 8 der EG- Verordnung unmittelbar. Er bestimmt, in welchen F„llen Tiere der Anh„nge A und B vermarktet werden k”nnen. Die EG-Verordnung l„át Ausnahmen von diesen Vermarktungsverboten gegen Einzel- fallgenehmigung zu. Fr die Anhang B-Arten gelten die Beschr„n- kungen nicht, wenn nachgewiesen werden kann, daá die betreffenden Exemplare der Anhang B-Arten rechtm„áig in die Gemeinschaft eingefhrt worden sind. Hier behalten die bisherigen Cites-Dokumen- te ihre Bedeutung. Zur šberwachung der Beachtung der artenschutzrechtlichen Vor- schriften erlaubt die EG-Verordnung in Verbindung mit dem EG- Vertrag die Einfhrung bzw. Beibehaltung nationaler Kontrollvor- schriften. Zu diesen z„hlen die Besitzverbote. Es steht zu hoffen, daá der Bundesgesetzgeber sich wegen der landerubergreifenden Bedeu- tung dieser Regelungsaufgabe annimmt und bundeseinheitliche Rege- lungen schafft. Der Entwurf zum neuen Bundesnaturschutzgesetz stellt in Aussicht, daá rechtm„áig gezchtete Tiere vom Besitzverbot ausgenommen sind. An den Bestimmungen zur Nachweispflicht soll sich nichts „ndern. Der alten Forderung des BNA, fr die neuen Bundesl„nder einen eigenen Stichtag festzulegen, soll entsprochen werden. Es ist der 1.7.1990 vorgesehen. Die Meldepflichten werden beibehalten. Auch die Frage, was ,,unverzglich" bedeutet, bleibt offen. Der Jurist versteht hierunter die Aufforderung, ohne schuldhaf- tes Z”gern zu handeln. Dies bedeutet in aller Regel ,,sofort". Das viel- fach bliche Zuwarten, ob die Nachzucht den Kampf der ersten Tage bew„ltigt wird nicht jede Verwaltungsbeh”rde und nicht jeder Richter als Z”gern ohne Schuld verstehen. IV. Ausblick Die neue EG-Verordnung setzt die formellen Hrden bei der Ein- und Ausfuhr herab und erleichtert in einzelnen F„llen die Vermarktung gezchteter Tiere. Ob der Tierhalter und Zchter diese Erleich- terungen nachhaltig bemerken wird, ist in Frage zu stellen. Zum einen ist die Bew„ltigung artenschutzrechtlicher Altlasten eher schwieriger geworden, zum anderen bleibt fr Halter und Zchter bereits bei den Anhang B-Arten die Nachweispflicht. Die Anforderungen an den Nachweis bestimmt in der Regel die zu- st„ndige Verwaltungsbeh”rde. Die neue EG-Verordnung enth„lt ein europ„isches Bekenntnis zur Erleichterung der Vermarktung gezch- teter Exemplare bedrohter Arten. Ob dies unter den nationalen Rahmenbedingungen bei uns umgesetzt wird, h„ngt allerdings vom Augenmaá der Vollzugsbeh”rden und der Glaubwrdigkeit eines jeden Tierhalters und Zchters ab. BNA-akuell 1/97 Aus der FAUNA in Karlsruhe